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Kirschblüten oder die Sehnsucht nach Entwicklung

  • Autorenbild: Manuela Sattlegger
    Manuela Sattlegger
  • 7. Apr. 2016
  • 4 Min. Lesezeit

Die großen Lebensprobleme sind nie auf immer gelöst. Sind sie es einmal anscheinend, so ist es immer ein Verlust. Ihr Sinn und Zweck scheint nicht in ihrer Lösung zu liegen, sondern darin, dass wir unablässig an ihnen arbeiten."

(C. G. Jung)

Kreative Inspiration

In unserer Straße blühen seit vorgestern die japanischen Kirschbäume. Die Kirschblüten sind rosarot und haben einen betörenden Duft. Jedes Jahr zu dieser Zeit im Frühling befällt mich eine seltsame Sehnsucht und wenn ich die Straße mit den blühenden Kirschblüten entlang spaziere, stelle ich mir folgende Fragen:

  • Nachdem wieder ein Jahr vergangen ist, bin ich am richtigen Weg?

  • Was habe ich im letzten Jahr erreicht und wo möchte ich hin?

  • Was habe ich im letzten Jahr über mich besser verstanden?

  • Gab es im letzten Jahr eine Krise? Wenn ja, wie habe ich sie bewältigt?

  • Was sind die noch unerledigten Dinge in meinem Leben?

Viele Menschen sehen sich in der Lebensmitte mit einer veritablen Lebenskrise konfrontiert. Diese kann von außen oder innen initiiert sein, „leicht“ oder „schwer“ sein, wie z.B. Scheidung, Tod oder Krankheit eines Elternteils oder nahen Verwandten, Pflegebedarf eines nahen Angehörigen, berufliche Neu- oder Umorientierung, Verminderung der Leistungsfähigkeit, eine eigene lebensbedrohliche oder chronische Krankheit oder einfach nur ein Gefühl des „Noch-nicht-Angekommenseins“.

Die Krise in der „Lebensmitte“

Diese Gedanken geben oft Anlass über das eigene Leben nachzudenken, C. G. Jung spricht von der Krise in der „Lebensmitte“, die nach seiner Ansicht jeden in seiner eigenen Art und Weise trifft. Man spricht nicht umsonst von der „Midlife-crisis“. Viele Menschen wundern sich über diese Krise, denn „eigentlich“ geht es ihnen gut, sie haben etwas erreicht, die Kinder sind vielleicht schon auf dem Weg in die eigene Selbständigkeit oder schon außer Haus.

Die "Persona" steht in der 1. Lebenshälfte im Vordergrund

Und dennoch es bleibt ein leichter bitterer Geschmack, die Sehnsucht nach etwas Neuem, vielleicht noch nicht Erreichten. In der Psychologie von C.G. Jung sprechen wir davon, dass in der 1. Lebenshälfte die Persona Vorrang hatte und nun etwas anderes ansteht. Die Persona steht für die soziale Anpassung, die Maske oder auch die Rollen, die wir in unserer Gesellschaft annehmen. Und es ist auch gut so, dass wir uns in dieser Zeit um unser berufliches Weiterkommen kümmern, um unsere Familie, insgesamt um unsere Existenz.

Die wichtigen Lebensthemen kommen nun ins Spiel

Nun steht aber etwas anderes an – jetzt kommen die wichtigen Lebensthemen ins Spiel. Eine Zeit um Resümee zu ziehen, denn jetzt wäre noch Zeit, beruflich oder privat etwas anderes anzugehen. Vielleicht hat man nach den Vorstellungen der Eltern oder der Gesellschaft gelebt? Wer bin ich wirklich? Welche Sehnsüchte habe ich bis jetzt nicht erfüllt? Wo bin ich mit meinem Denken oder Gefühlen in eingefahrenen Bahnen?

Der Individuationsprozess – „Werde der oder die, der du bist“

C.G. Jung spricht vom Individuationsprozess – „Werde der oder die, der du bist“ und meint damit eine jedem und jeder innewohnende(n) Tendenz nach Entwicklung. Es geht darum Anstehendes zu entwickeln, Ausgespartes zu integrieren, Überholtes abzulegen. Dabei handelt es sich um einen komplexen Prozess, um zum eigenen Selbst zu gelangen. Er schlägt dabei folgenden Weg vor:

  • Integration des eigenen Schattens

Der Schatten ist eine Seite an uns, die wir ablehnen und die uns in der Regel peinlich ist. Auch Aspekte der Persönlichkeit, die wir ablehnen und uns fremd sind, können Schattenaspekte sein.

  • Integration von Anima und Animus

Als wichtige Aufgabe des Individuationsprozesses sieht C. G. Jung an, dass sich der Mann seiner Anima (das Weibliche im Mann) und die Frau ihres Animus (das Männliche in der Frau) bewusst werden. Falls es zu keiner Bewusstheit kommt, werden diese Bilder auf den/die Partner/in projiziert.

Der schöpferische Prozess mit Archetypen, Komplexen, Träumen und Spiritualität spielen dabei eine wesentliche Rolle. In weiteren Artikeln werde ich auf die einzelnen Themen näher eingehen, da sie ein wesentliches Merkmal und eine Grundlage der Mal- und Gestaltungstherapie sind.

Die Gestaltungsaufgabe

Aber nun zurück zu den Fragen am Beginn, die ich mir gestellt habe. Sie erinnern sich?

  • Nachdem wieder ein Jahr vergangen ist, bin ich am richtigen Weg?

  • Was habe ich im letzten Jahr erreicht und wo möchte ich hin?

  • Was habe ich im letzten Jahr über mich besser verstanden?

  • Gab es im letzten Jahr eine Krise? Wenn ja, wie habe ich sie bewältigt?

  • Was sind die noch unerledigten Dinge in meinem Leben?

Die Gestaltung einer Collage

Ich lade Sie nun zu einer Gestaltungsaufgabe – der Gestaltung einer Collage ein. Sie können sich auf eine Frage konzentrieren – entscheiden Sie sich am besten für eine Frage, die Sie am meisten anspricht.

Nehmen Sie mehrere alte Zeitschriften, eine Schere und ein Blatt Papier. Suchen Sie nach Bildern und Texten, die Sie zu dieser Frage ansprechen.

Schneiden Sie alle Bilder/Texte aus, die Ihnen ins Auge stechen. Es können ruhig mehr sein, als Sie denken zu benötigen.

Dann ordnen und kleben Sie die Bilder auf ein Blatt Papier auf. Sie können auch eine Leinwand verwenden.

Zum Abschluss können Sie mit Stiften oder Kreiden etwas dazuschreiben oder dazu zeichnen. Lassen Sie sich von den inneren Impulsen leiten. Es geht nur um Sie, Sie brauchen das Bild niemanden zeigen.

Meine Erfahrung zeigt, dass solche Bilder eine sehr starke Wirkung haben. Hängen Sie das Bild auf einen Platz wo Sie es über einen längeren Zeitraum immer wieder betrachten können. Sie können immer wieder etwas ändern, wenn der innere Impuls dazu rät.

Vielleicht erhalten Sie neue Impulse – seien Sie gespannt was passiert.

Und nächsten Jahr blühen wieder die Kirschblüten.

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