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  • AutorenbildManuela Sattlegger

„Hans im Glück“ – wie Gefühle mit unserem Glück zusammen hängen


Depression-Aggresssion

Ich war heute sehr berührt als mein vierjähriger Sohn beim Vorlesen des Märchens „Hans im Glück“ in Tränen ausgebrochen ist.

Können Sie sich an das Ende der Geschichte erinnern? Hans im Glück tauscht so lange seine Dinge (Gold-Pferd-Schwein-Gans-Schleifstein) ein, bis der Schleifstein in den Fluss kullert und er befreit feststellt, dass die Dinge ihn belasten und es sich ohne etwas viel besser lebt.

Die Tränen schossen meinem Sohn in die Augen, als er merkte, dass Hans alle seine Dinge verloren hatte. Das Konzept von Haben und Sein hat er noch nicht verstanden.

Er war empathisch und empfand mit dem kleinen Jungen mit.

Entwicklungspsychologisch befindet er sich gerade in der Phase, in der sein Umgang mit Emotionen noch nicht sehr stabil ist. Kleine Kinder benötigen in dieser Phase Erwachsene, die ihnen ihre Emotionen spiegeln und stabil auf Gefühlsausbrüche reagieren.

Was in der Trotzphase nicht immer so leicht ist!

Zurück nun zur Geschichte: Als ich den Gefühlsausbruch bemerkte, sprach ich mit meinem Sohn, wie er sich nun fühlte und wie Hans im Glück in der Geschichte wohl mit seinen Gefühlen umgegangen sei. Dann umarmten wir uns stumm und mein Sohn war mit seiner Aufmerksamkeit dann schon bei der nächsten Geschichte im Märchenbuch – dem Rotkäppchen.

Der Umgang mit unseren Gefühlen kann uns krank machen

Warum ich Ihnen diese Geschichte erzähle? Der inadäquate Umgang von belastenden Gefühlen zählt zu den Verursachern und Verstärkern von psychischen Problemen und Krankheiten. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Neuropsychologie und –psychotherapie bestärken diese Aussage.

Die eigenen emotionalen Reaktionen wahrzunehmen, sie richtig einzuordnen, zu akzeptieren, auszuhalten oder positiv zu beeinflussen, stellen oft große Probleme dar.

Aus meiner eigenen Praxis arbeite ich oft mit PatientInnen mit Depressionen oder Angststörungen, die Situationen vermeiden, stark Grübeln und generell zur Selbstanklage neigen. Problembezogene Bewältigungsformen und positive Neubewertung sind allerdings wenig ausgeprägt.

Wenn wir nicht über unsere Gefühle sprechen können, werden sie uns belasten

Viele Menschen sind es allerdings nicht gewohnt über ihre Gefühle zu sprechen und sie adäquat und auszudrücken und entwickeln dann verschiedene Strategien für die Emotionsregulation. Diese Strategien sind oftmals für einen selbst und für die Beziehung mit anderen Menschen nicht förderlich.

Mathias Berking beschreibt in seinem Buch „Training emotionaler Kompetenzen“ sehr gut sieben Kompetenzen, die er für die Regulation der eigenen Emotionen als besonders wichtig hält:

  • Die eigenen Gefühle bewusst wahrnehmen können

  • Die eigenen Gefühle erkennen und benennen können

  • Die Ursachen des aktuellen Befindens erkennen können

  • Sie in belastenden Situationen innerlich emotional unterstützen können

  • Die eigenen Gefühle aktiv positiv beeinflussen können

  • Negative Gefühle bei Bedarf akzeptieren und aushalten können

  • Sich mit emotional belastenden Situationen konfrontieren können

Das Buch von Berking „Training emotionaler Kompetenzen“ ist wissenschaftlich fundiert und hat mit seinem praktischen Trainingsplan eine sehr praxisorientierte Umsetzungsmöglichkeit.

Unser Handeln wird vom Fühlen bestimmt

In der Psychotherapie und auch in der Mal- und Gestaltungstherapie spielen Emotionen eine wesentliche Rolle. Das Fühlen hat wesentlichen Einfluss auf die Wahrnehmung, das Denken und dieses auf unser Handeln.

Daneben sind Emotionen ein ständiger Begleiter des Menschen: im Wachen und im Träumen. Jede Erfahrung ist mit Emotionen verknüpft und alle diese Emotionen bilden den affektiven Kern unseres Selbsterlebens, der es uns ermöglicht, Kontinuität im Identitätserleben zu erfahren. Das begleitende Gefühl der Identität ist das Selbstwertgefühl (Vgl. KAST Verena (2003): „Trotz allem ICH“, S. 35 – S. 37)

Negative und verletzende Gefühle werden abgespalten

Leider leiden sehr viele Menschen das Problem, nicht in Kontakt mit ihren Gefühlen zu sein. Negative, verletzende oder schmerzhafte Gefühle werden oft abgespalten.

Gerald Hüther schreibt in seinem Buch „Biologie der Angst – Wie aus Stress Gefühle werden“: „Faszinierend ist auch die Fähigkeit so vieler Menschen ihre Ängste zu verleugnen und sich einzubilden, sie hätten alles im Griff.“

Panikattacken und ein depressiver Erschöpfungszustand können uns dann ganz schön aus der Bahn werfen.

In seinem Buch beschreibt der bekannte Neurobiologie Gerald Hüther wie eine Stressreaktion immer auch eine Angstreaktion hervorruft. Die Evolution will uns damit inspirieren einen neuen besseren Weg für uns selbst zu finden.

In der Maltherapie wertfrei beobachten „was ist“

In der Mal- und Gestaltungstherapie geht es im 1. Schritt wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen, zu spüren was ist.

Dabei ist die große Herausforderung das wertfreie Beobachten.

Zusätzlich haben wir auch oft verlernt in Kontakt mit unseren „wahren“ Gefühlen und Bedürfnissen zu sein und diese auszudrücken. Andererseits treffen wir oft auf einen inflationären Gebrauch des Wortes „Gefühl“. Sehr häufig werden Beschreibungen und Wahrnehmungen als Gefühl bezeichnet: „Ich hab’ das Gefühl, dass sich meine Freundin mit anderen Freunden trifft und mich nicht dabei haben will“. Dabei handelt es sich nicht um die Beschreibung eines Gefühls, sondern eine Wahrnehmung, Beobachtung, Interpretation oder Bewertung. Es weist aber darauf hin, dass dabei ein Gefühl empfunden wird. Das Spüren und Benennen dieser Gefühle z.B. Einsamkeit, Wut, Trauer werden vermieden.

Eine gute Einführung zum Aufbau eines Gefühlswortschatzes gibt Marshall B. Rosenberg in seiner „Gewaltfreien Kommunikation“.

Durch das Bild mit sich in Kontakt kommen

Wenn dann das gestaltete Bild dann so vor einem liegt, kann es oft ganz schöne Gefühle auslösen. Diese sind oft schmerzhaft, aber dieses „in Kontakt kommen“ mit den eigenen Gefühlen, dieses Annehmen was ist, hat eine sehr heilende Wirkung.

Auch wenn das Bild jetzt auf den ersten Blick einen traurigen oder schmerzhaften Eindruck hinterlässt, so gibt es doch in jedem Bild eine Ressource, eine Inspiration für eine Weiterentwicklung.

Das kann nun in der Maltherapie vielfältig geschehen:

  • Ein Malauftrag für ein weiteres Bild kann entstehen

  • Das Bild vergrößern, verkleinern

  • Abpausen von Details und Neugestaltung eines Bildes mit den Symbolen

  • Rahmen um das Bild gestalten, um das einen schmerzhaften Gefühl eine Konterpart zu geben

  • Und was einen sonst noch einfällt…

Es geht um die Vorstellung von uns wie wir sein könnten

Und letztendlich geht es immer um eine Weiterentwicklung, ein Verstehen und das Glück, wenn man sich so annehmen kann, wie man ist und so zu werden, wie man sein könnte.

Literaturtipps:

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